Dieses Schiffchen wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Brandenburg gebaut. Mit 22 m Länge und 4,30 m Breite wurde sie von einer zweizylindrigen Dampfmaschine mit 140 PS angetrieben. Im 1.Weltkrieg diente das Schiff als Kriegsschlepper. Im gleichen Jahr wurde sie durch rumänische Truppen versänkt. Wenig später wurde sie geborgen und diente als Trossschiff auf der Donau. Über die Nutzung bis 1945 ist nichts bekannt. In den Folgejahren begann eine zivile Nutzung bis 1962. Diese endete mit dem Tod des Bestizers. Das Schiff wurde in diesem Gewässer abgestellt. Seit eine Wassersperre 1984 errichtet wurde, dient das Boot als neues Zuhause für Flora und Fauna.
Wir schreiben das Jahr 1946, ich liege in meinem Bett und starre die Decke an. Rechts über mir sitzt eine Spinne, genau jene, die am Abend zuvor schon dort gesessen hatte. Wieder mal sind die Heizungen ausgefallen und so kalt wie es hier ist, würde es mich nicht wundern, wenn sie nicht eingefroren ist. Armes Ding denke ich mir und drehe mich nochmal zur Seite und ziehe mir die Decke über den Kopf. Mein Wecker klingelt, dieses alte blaue Ding hat mein Großvater mir vor Jahren mal geschenkt, als ich noch ein kleiner Junge war. Er hatte das Aussehen eines Fischkutters, man sah, dass er alt war, nur die Zeiger schimmerten unversehrt in einem goldenen Farbton. Sein Klang war nicht mehr laut, fast stumm. Na ja, wenn man bedenkt das Opa ihn schon auf hoher See mit dabei hatte. Ich setzte mich auf die Bettkante, im Flur liefen Leute auf und ab. Man konnte Hoffnung in ihren Gesprächen verspüren, aber hier kam niemand wieder raus, zumindest niemand wie ich, der die Diagnose Unheilbar krank bekam. Ich weiß noch, dass ich meinem Opa immer einen Streich gespielt habe. Wenn ich mal mit aufs weite Meer hinaus durfte, nahm ich seinen Wecker, verstellte die Zeiger so ,dass er immer dachte es sei schon Mittag. Manchmal hat er dann gemeckert. Aber oft haben wir auch miteinander darüber gelacht, und viel zu früh zu Mittag gegessen.
Ich habe ihn immer so bewundert. Wir haben viele Fische gefangen. Unsere Zeit zusammen war schön und ich bereue auch nicht die Entscheidung zu Opa gezogen zu sein. Ich wollte nie mit meinen Eltern nach Ellerton ziehen. Doch dann eines Tages kam der Tag, an dem mein Großvater schwächer wurde, er nicht mehr richtig essen konnte, und immer mühseliger vorankam. An meinem 9.Geburtstag sind wir an den Strand gefahren, ich wusste, er würde nicht mehr lange bei mir sein. Also saßen wir gemeinsam zusammen abends am Lagerfeuer. Er gab mir ein kleines Päckchen, das mit einer blauen Paketschnur umwickelt war. Opa sagte: ,,Los Junge pack das Geschenk doch endlich aus!´´ ,,Opa das kann ich nicht annehmen´´, sagte ich völlig aus dem Häuschen. ,,Doch Ben das kannst du! Den Wecker hast du auf all deinen Reisen über das Meer dabeigehabt. Ganz genau, und es wird dich immer bei Laune halten und dir die schönsten Erinnerungen ins Gedächtnis rufen.´´ So langsam loderte das Lagerfeuer nur noch ein bisschen, und ging dann ganz aus. Wir beide schliefen in einem gemütlichen Strandkorb, mit den Füßen im Sand und dem Rauschen der Wellen in den Ohren. Am nächsten Morgen, sah ich, dass er friedlich und für immer eingeschlafen war. Schon wieder diese Erinnerung, seit Tagen geht mir das jetzt schon so... Die Türe ging auf. Eine freundliche junge Dame mit engelsgleicher Stimme sagte: ,,Guten Morgen“. Wie geht es dir heute?´´ Mit einem müden Blick sagte ich: ..Naja wie soll es mir schon gehen. Es ist wie immer.´´ ,,Ach Ben´´, sprach die Pflegerin und sagte: ,,Komm mit und geh schon mal in das Wartezimmer am Ende des Ganges.´´ Der Boden war kalt. Auf Socken hatte ich keine Lust, also nahm ich meinen Mut zusammen und lief mit geducktem Kopf den Gang entlang. Im Wartezimmer war es warm und es roch nach Lilien. Ich setzte mich auf einen der Stühle und schaukelte mit den Füßen hin und her. Auf einmal hörte ich ein Summen hinter mir und drehte mich um. Dort stand ein großes Schiff aus Holz. Alles erschien plötzlich wie ein Traum. Alles um mich herum verschwand so langsam. Ich erkannte nur noch das Schild: Hospiz zur kleinen Lerche. Ein leises Flüstern sagte mir ins Ohr: ,,Los Junge, setz die Segel!´´ Ich nahm das Steuer in die Hand und mich durchzog ein warmes Gefühl. Dann wurde es dunkel und es war als würden meine Erinnerungen mit mir sprechen. ,,Hab keine Angst Ben, ich bin in Gedanken immer bei dir.´´ Erneut wurde es dunkel. Als ich zu mir kam, fühlte ich Sand zwischen meinen Zehen und über mir hingen Kokosnüsse in einer Palme. Ich traute meinen Augen kaum, ich muss durch so etwas wie eine Zeitkapsel gereist sein. Wahrscheinlich ausgelöst durch das Steuerrad? Meine Jeans, die ich zuvor getragen hatte, war weg, und ich hatte eine braune Stoffhose an, mit einigen zerrissenen Stellen und Löchern drin. Ich setzte mich in den Sand. Geradeaus vor mir mein Wecker, in der Größe eines echten Schiffskutters. Eines war klar, hier wollte ich für immer sein, mein neues Zuhause.
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